Die heutige Historische Bibliothek der Stadt Rastatt befindet sich im Ludwig-Wilhelm-Gymnasium und hat ihren Ursprung in der 1716 gegründeten Büchersammlung des einstigen Piaristenkollegs von Rastatt. Diese Piaristenschule wurde im Jahre 1808 mit dem Gymnasium von Baden-Baden (dem ehemaligen Jesuitenkolleg) zum Lyzeum von Rastatt vereinigt, das in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Großherzoglichen Gymnasium Rastatt umbenannt wurde bis es schließlich 1908 den Namen Ludwig-Wilhelm-Gymnasium erhielt, den es auch jetzt noch trägt.
Mit der Vereinigung der beiden Schulen von Rastatt und Baden-Baden wurden auch deren Büchersammlungen zusammengelegt und bildeten nun die Lehrerbibliothek des Lyzeums von Rastatt, die im Verlaufe der folgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte immer mehr anwuchs.
Schon vorher, d.h. etwa ab der Mitte des 18. Jahrhunderts, hatten Schule und Bibliothek ihre Heimat in dem der Schlosskirche gegenüber liegenden Gebäude, das vom markgräflichen Baumeister Johann Peter Ernst Rohrer errichtet wurde und zwei aneinander gelegten Hufeisen gleicht. Das äußere Erscheinungsbild des alten Hauptgebäudes hat sich im Verlauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte bis heute kaum verändert, während es in seinem Inneren in den 60er Jahren grundlegend renoviert wurde. Die zuletzt erwähnte Umbaumaßnahme betraf auch den historischen Bibliothekssaal, der dann 1999 ein zweites Mal umgebaut wurde und eine neue Einrichtung erhielt. Bereits zuvor (1986/87) war das frühere Refektorium (Speisesaal) der Schule zu einem zweiten Bibliothekssaal umgewandelt worden.
Eben im ehemaligen Refektorium mit seiner schönen Stuckdecke und im neu gestalteten historischen Bibliothekssaal der Schule mit seinen imposanten Eichenregalen haben die wertvollen Bestände eine ihrer Bedeutung angemessene Heimat und zugleich einen repräsentativen äußeren Rahmen gefunden.
Als ehemalige Schulbibliothek zählt die Historische Bibliothek der Stadt Rastatt heute zu den fünf bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in ganz Deutschland. Ihre Handschriften und Handschriftenfragmente (die bis ins 9. Jahrhundert zurückreichen), die mehr als 160 Inkunabeln aus den ersten Jahrzehnten des Buchdrucks (15. Jahrhundert), eine vergleichsweise große Zahl von z. T. recht seltenen und wertvollen Drucken aus der Zeit des 16. bis hin zum 20. Jahrhundert, Unikate und Erstdrucke aus der Zeit ab der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts, eine der ältesten und größten Sammlungen badischer Schuljahresberichte (samt wissenschaftlichen Beilagen) aus dem 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, mehrere Tausend einst als Lesezeichen genutzte Objekte, der direkte Bezug vieler Bände zu so manchen bedeutenden historischen Persönlichkeiten (Mitglieder von Herrscherhäusern, kirchliche Würdenträger, Dichter und Schriftsteller, Wissenschaftler usw.), der bibliophile Charakter der Bestände mit ihren schönen Einbänden, dem Buchschmuck und den zahlreichen Illustrationen so bedeutender Meister wie Albrecht Dürer, Hans Holbein d. J., Hans Baldung Grien usw. – dies alles zusammen macht die herausragende Bedeutung der Rastatter Bibliothek aus.